Aortenaneurysma
Ein Aortenaneurysma ist eine umschriebene Erweiterung der Hauptschlagader (Aorta) entweder im Brustbereich (thorakales Aneurysma) oder im Bauch (abdominelles Aneurysma). Am häufigsten betroffen ist die Aorta unterhalb des Abganges der Nierenarterien (infrarenales Aneurysma) mit oder ohne Beteiligung der Beckenarterien.
Die Ursache eines Aortenaneurysmas ist meist eine schwere Atherosklerose (Arterienverkalkung) welche durch multifaktorielle Prozesse bedingt ist. Chronisch entzündliche Veränderungen führen zur Zerstörung von Bindegewebsfasern und glatten Muskelzellen und infolgedessen zur Schwächung der Gefäßwand. Als Risikofaktoren für die Entstehung von arteriosklerotischen Gefäßveränderungen gelten Nikotinabusus, Hypertonie, Hyperlipidämie und Übergewicht, aber auch das Alter, das männliche Geschlecht und eine familiäre Veranlagung.
Häufigkeit der Aneurysmen nach Verteilung
Abdominelle Aorta 55%
Thorakale Aorta 25%
Beckengefäße 3%
Andere Arterien 27%
Abdominelles Aortenaneurysma
Bei abdominellen Aneurysmen zu in 90% die infrarenale Aorta betroffen, und bei 10% bis 30% findet sich eine Mitbeteiligung der Beckenarterien.
Bei Männern besteht ab dem 55. Lebensjahr eine deutliche Steigerung der Inzidenz mit einer maximalen Häufigkeit von 5,9% im 80. Lebensjahr. Bei Frauen steigt die Inzidenz ab dem 70. Lebensjahr rapid an und erreicht ein Maximum von 4,5% im Alter von 90 Jahren. Insgesamt findet sich bei 5,4% - 6,6% der über 60-jährigen ein Aneurysma.
Ein abdominelles Aneurysma liegt vor, wenn der infrarenale Aortendurchmesser mehr als 3 cm beträgt. Durchschnittlich wachsen Aneurysmen 2 mm pro Jahr. Die Wachstumstendenz kann jedoch nicht vorhergesagt werden und in 15%-20% bleiben die Aneurysmen auch stabil, allerdings kann es auch nach Jahren zu einer plötzlichen Wachstumstendenz kommen, weswegen eine regelmäßige Kontrolle erforderlich ist. Die Größe eines Aneurysmas beeinflusst die Rupturgefahr. Das jährliche Rupturrisiko beträgt für Aneurysmen < 4 cm 2%, steigt jedoch bei Aneurysmen zwischen 6-7 cm bereits auf 10%.
Ein Aneurysma verursacht meist keine Symptome und wird oft im Rahmen einer Routineuntersuchung oder einer Röntgen- oder Ultraschalluntersuchung des Abdomens entdeckt. Ein Größenwachstum kann zu Druckschmerzhaftigkeit im Bauch, der Lendenwirbelsäule oder im Brustkorb führen. Diese symptomatischen Aneurysmen müssen einer raschen Therapie zugeführt werden. Viel häufiger treten allerdings akute Rupturen ohne Vorwarnung auf und führen oft zu lebensbedrohlichen Blutungen. Indikationen für eine Aneurysmatherapie sind neben Schmerzsymptomen eine Aneurysmagröße von 5 cm oder bei kleineren Aneurysmen ein jährliches Aneurysmawachstum von 0,5 cm und mehr.
Die Abdomensonographie ist als Screeninguntersuchung und für eine routinemäßige Verlaufskontrolle bei Aneurysmen gut geeignet. Zur exakten Bestimmung der Größe und Morphologie wird jedoch eine Computertomographie (Abb. 1), in Ausnahmefällen eine Magnetresonanztomographie, durchgeführt.
Alternativ zur offenen chirurgischen Therapie eines Aortenaneurysmas besteht die Möglichkeit einer endovaskulären Aneurysmaausschaltung mittels eines Stentgrafts (gewebeummanteltes Metallgittergeflecht). Voraussetzung für die endovaskuläre Therapie ist jedoch eine anatomische Eignung, welche eine ausreichende Weite der Beckengefäße und nötige Verankerungszonen für den Stentgraft mit sich bringt. Die Stentgraft Implantation wird von Interventionellen Radiologen in Zusammenarbeit mit Anästhesisten und Gefäßchirurgen durchgeführt. Der Eingriff erfolgt unter Spinalanästhesie oder einer Allgemeinnarkose. Der Zugang zum Aneurysma wird üblicherweise durch einen kurzen Schnitt in der Leiste geschaffen. Zur Darstellung des Aneurysmas wird zuerst eine Angiographie der Bauchaorta durchgeführt (Abb.2). Folglich wird unter Röntgendurchleuchtung der Stentgraft über einen Führungsdraht in die Bauchaorta eingebracht und unterhalb der Nierenarterien verankert. Eine Kontrollangiographie nach Stentgraft-Implantation wird zum Nachweis eines guten Ausschlusses des Aneurysmas durchgeführt (Abb. 3).
Thorakales Aortenaneurysma
Die Inzidenz liegt bei 6/100000 Einwohner/Jahr. Bei etwa 50% ist die Aorta ascendens, bei 10-15% der Aortenbogen und bei 35-45% die Aorta descendens betroffen. Bei 25% der Patienten mit atherosklerotischen thorakalen Aneurysmen besteht auch ein abdominelles Aortenaneurysma. Neben arteriosklerotischen Ursachen ist die chronische Aortendissektion als zweithäufigste Entität für eine pathologische Erweiterung der Aorta verantwortlich.
Eine Behandlungsindikation wird bei asymptomatischen Aneurysmen ab 6 cm Durchmesser gestellt. Bei entsprechender anatomischer Lage können große Aneurysmen zu Schluckbeschwerden oder Heiserkeit durch Kompression des Nervus laryngeus recurrens führen.
Bei elektiver chirurgischer Sanierung von Descendensaneurysmen wird die 30-Tages-Mortalität mit 5-13% angegeben. Weitere postoperative Komplikationen sind respiratorische Probleme, bis zu 33% neurologische Defizite und renale Insuffizienz bis zu 8%. Die endovaskuläre Stentgraft-Therapie hat deutlich geringere Mortalitäts- und Komplikationsraten und hat als Alternativmethode eine große Bedeutung in der Behandlung von Aneurysmen in der Aorta descendens und des Aortenbogens erlangt. Bei Beteiligung des Aortenbogens sind vorausgehende chirurgische Umbauten von Aortenbogenästen erforderlich, um eine Stentgraft Verankerung zu ermöglichen. Abbildung 4a zeigt ein Aneurysma mit Beteiligung des Aortenbogens und Abgang der linken Halsschlagader (Arteria carotis) und der linken armversorgenden Arterie (Arteria subclavia) in Nahebeziehung zum Aneurysma. Eine Stentgraft-Therapie kann in solchen Fällen nach Verlagerung (Transposition) der Arteria carotis und Arteria subclavia durchgeführt werden (Abb. 4). Die CT-Kontrolle bestätigt die korrekte Lage des Stent-grafts und den Ausschluss des Aneurysmas.
Therapie-Kontrolle
Die routinemäßige Verlaufsbeobachtung nach Stentgraft-Therapie wird mittels CT Angiographie einige Tage nach dem Eingriff und in weiterer Folge bei unkompliziertem postoperativem Verlauf jährlich durchgeführt.